Harald Müller: Rezension zu: Fees, Irmgad; Roberg, Francesco (Hgg.), DIGUB 2/I, DIGUB 2/II, DIGUB 2/III; in: H-Soz-Kult, 19.01.2011,
URL: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2011-1-043

… Insbesondere bei den mittelalterlichen Papsturkunden stehen die Gesamtproduktion der päpstlichen Kanzlei und die Zahl hochwertiger Abbildungen einzelner Originale in einem wenig gesunden Verhältnis zueinander. Abhilfe schafft hier seit wenigen Jahren eine neue Abbildungsserie. In bislang drei Bänden der Reihe ‘Digitale Urkundenbilder aus dem Lichtbildarchiv Marburg’ liegt nun eine überaus hilfreiche Auswahl von Papsturkunden der frühesten Zeit bis zum Ende des 12. Jahrhunderts vor.Jeder der drei vorliegenden Bände enthält fotografische Tafeln in guter Abbildungsqualität. Dies ist eigens hervorzuheben, denn die Ausgangsfotos weisen zeitbedingt sehr unterschiedliche Aufnahmestandards auf. … das Hauptanliegen der Reproduktionsinitiative [richtet sich] über die Bereitstellung der Bilder hinaus auf die visuell wahrnehmbare Entwicklung der Papsturkunde, auf die äußeren Merkmale. Beim sukzessiven Betrachten der Tafeln fallen die Veränderungen ins Auge, ganz gleich ob man sich auf Beschreibstoff und Format, auf die Gestaltung der Siegel oder auf die Entwicklung des Layouts und der Schrift konzentrieren mag. Insbesondere an den dichteren Serien, die den Urkundenbestand von der Mitte des 11. Jahrhunderts an dokumentieren, lässt sich dieser keineswegs linear verlaufende formale Prozess im Detail verfolgen. Mit Spannung legt man die zehn Privilegien Urbans II. nebeneinander und erkennt, wie der insgesamt von der Minuskel bestimmte Duktus der Schrift gelegentlich zu Elementen der römischen Kuriale, etwa dem sehr offenen cc-a oder charakteristischen Ligaturen schwankt (Bd. II, Tafeln 15, 24). Selten sieht man so deutlich, dass die Privilegien Alexanders II. teils in einer diplomatischen Minuskel mundiert wurden (Bd. II, Tafel 4f.), teils jene traditionellen Schriftformen der päpstlichen Kanzlei bewahren (Bd. II, Tafel 7f.), teils mit Rota und Benevalete versehen sind (Bd. II, Tafel 4-6), teils nur mit der Rota (Bd. II, Tafel 7f.), während drei abgelichtete Litterae desselben Papstes mit Fuldaer Betreffen sich in einer klaren Minuskel präsentieren (Bd. II, Tafel 9-11).
Solche Einsichten machen die drei Bände zu einem hochwillkommenen und spannenden Anschauungsmittel für Mediävisten, die an den Produkten der päpstlichen Kanzlei interessiert sind. In der Erschließung und kompakten Bereitstellung von Vergleichsmaterial auf diesem Feld scheint dem Rezensenten daher das Haupteinsatzgebiet der sehr nützlichen Abbildungssammlung zu liegen. Auch für die Qualifizierung schon vorgebildeter Studierender oder Doktoranden, die sich den Wissenskosmos hinter den Fotografien selbstständig oder unter Anleitung zu erschließen vermögen, ist sie geeignet. … Auch der reiche Korb, der hier geboten wird, ist letztlich nur eine Auswahl, deren repräsentativer Charakter jeweils mit guten Argumenten behauptet und bezweifelt werden kann. Die Herausgeber sind sich dieser Problematik voll bewusst und haben sich dankenswerterweise zu einer pragmatischen Vorgehensweise entschlossen. Die drei vorgelegten Bände bereichern unsere Vergleichsmöglichkeiten enorm, für den angekündigten vierten mit seiner Konzentration auf die gewöhnlich etwas vernachlässigten Litterae steht dies mindestens in demselben Maße zu erwarten. …

Harald Müller (Aachen)

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Mediaevistik (Bd. 25/2012), S. 386–389

[zu Bd. 2/III]: … Deutlich wird durch den Band erneut der Weg zum Feierlichen Privileg: Es werden also nicht nur Feierliche Privilegien in Reinkultur geboten, sondern Entwicklungslinien aufgezeigt. Hervorzuheben sind hier besonders zwei Stücke, abgelichtet auf den Tafeln 25 und 26. Beide sind von Lucius III., beide an St. Alban zu Mainz, doch nur erstere Ablichtung ist ein Original, die zweite eine Verunechtung (mit originalen Siegeln aus der Umgebung). …
Als erstes Fazit kann man ziehen: Die inneren wie auch äußeren Rahmenbedingungen der Bände sind unübertrefflich: Ausstattung, Auswahl, Kommentierung sind exquisit. Die Reihe hat sich Meriten sondergleichen erworben. So läßt sich aufgrund der Reihe auch die
Hoffnung äußern, daß die klassischen Hilfswissenschaften eine Renaissance erleben könnten. Mögen noch viele Bände folgen! Der Reihe – wie den Historischen Hilfswissenschaften – bleibt zu wünschen: Vivat, crescat, floreat!

Klaus-Frédéric Johannes (Ingenheim)

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Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 58 (2008), S. 216f.

Der Reihentitel ist missverständlich gewählt. Die Urkundenbilder sind nicht digital (etwa auf einer CD), sondern im guten alten Buchdruck analog vervielfältigt … Da die fotografischen Aufnahmen, die dem Druck zugrunde liegen, zum Teil viele Jahrzehnte zurückliegen, sind sie schwarzweiß, nicht farbig. Der Lesbarkeit der Texte tut das keinen Abbruch, im Gegenteil …
Sollen im Zeitalter des Internet Urkundenfotografien weiterhin analog verbreitet werden? Die Antwort kann nur Ja lauten. Schriften muss man in Originalgröße oder wenigstens annähernder Originalgröße betrachten, um sie beurteilen zu können. Am Bildschirm ist das nur schwer möglich. Was am Monitor gar nicht zu leisten ist, ist der Vergleich zweier oder mehrerer Stücke oder die Arbeit mit den Urkunden in einer Gruppe … Aber natürlich unterstützen sie, wie alle Abbildungswerke und Editionen, die Forschung. Wie weit auch die landeshistorische Forschung von DIGUB profitieren kann, wird sich zeigen …

Ulrich Hussong