Neues Deutschland, 20. August 2009

Corturari

Zygane heißen sie im Russischen, Zigani im Bulgarischen, Tigani auf Rumänisch und Çingene auf Türkisch. Fremdbezeichnungen, doch nicht alle dieser Gemeinschaften zählen sich zur großen Gruppe der Roma wie die rumänischen Corturari auf diesem Bild. Sie sprechen verschiedene Sprachen, gehören unterschiedlichen Glaubensrichtungen an, pflegen stolz ihre eigene Lebensform oder haben sich der Mehrheitsbevölkerung angepasst. „Zigeuner am Schwarzen Meer“ – der reich illustrierte Band von Elena Marushiakova, Udo Mischek, Vesselin Popov und Bernhard Streck unterläuft jedes Klischee. Man erfährt jede Menge über die verschiedenen Gemeinschaften, ihre Geschichte und heutige Lebensweise, über Nomadentum und Sesshaftigkeit, über Wirtschaftsformen, Feste, Religionen, rituale, die eigene Gerichtsbarkeit und über Organisationen und Parteien. Aber vor allem lebt der Band von den Bildern, in denen so viel Selbstbewusstsein und Lebensfreude ist.

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Leipziger Volkszeitung, 21.11.2008
Dresdner Neueste Nachrichten, 28.2./1.3.2009

Farbenfrohes Plädoyer gegen ein schwarz-weiß Bild

… ein beeindruckender Bildband über das Zigeunerleben – abseits von Klischees und Vorurteilen. Er enthält darüber hinaus jedoch auch genügend erklärende Hintergründe zu dieser ethnischen Gruppe. Die Autoren werben für Verständnis, ohne in billigen Multi-Kulti zu machen oder die Integrationsprobleme zu vernachlässigen.

Kostas Kipuros

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EULENSPIEGEL, 9/2008

Eine wunderbare politische Unkorrektheit ist noch zu vermelden: Zigeuner am Schwarzen Meer heißt ein opulenter Bildband aus dem Eudora Verlag Leipzig von Elena Marushiokova, Udo Mischek, Vesselin Popov und Bernhard Streck. Die Tsiganologische Forschung der Uni Leipzig versucht keine „Sinti-und-Roma-Wort-Neuschöpfungen“, sondern bezeichnet Zigeuner als „nützliche Gäste; tiefer aber wollen sie sich in den meisten Fällen auf ihre Umgebung nicht einlassen“. Zigeuner in unserem Sinne zu domestizieren ist das eigentliche Verbrechen an ihnen – sie wollen anders leben als die Bulgaren und Rumänen, die Türken und die Russen. Und deshalb darf man sie auch Zigeuner nennen und muss sie nicht in unsere grün-korrekten Sprachschablonen einsperren, denn in den Sprachen rund ums Schwarze Meer heißen sie ähnlich wie bei uns: Zygane, Zigani, Tigani oder Cingene. Und wer noch mehr wissen will, sollte dieses Buch nicht nur lesen, sondern anschauen – die Fotos sind nicht nur folkloristisch, sondern gelegentlich sehr erhellend.

Matthias Biskupek