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… Die Biographie präsentiert eine flüssig lesbare Schilderung, die durch die vielen Zitate aus Briefen sowie auch einem Manuskript Immas mit Erinnerungen an Norbert sowie an ihren späteren Ehemann Wilhelm (von) Bodmershof sehr lebendig wird. Man hat auf diese Weise den Eindruck, nahe an den geschilderten Personen zu sein, deren Schicksal sich vor dem Leser entfaltet. Es handelt sich also bei dem Buch nicht um eine historiographische Darstellung im engeren Sinne, weil hier weitgehend die Innenperspektive vorgestellt wird, das allerdings nicht unkritisch.
Da die Verfasserin biographisches Archivmaterial gesichtet hat, trägt sie die Erkenntnisse daraus im Zusammenhang vor, ohne alles im einzelnen mit Fußnoten zu versehen. Sie bezieht aber den Zeitkontext ein und schildert anschaulich nicht nur die Zeit der Beziehung zu Hellingrath bis in den Ersten Weltkrieg hinein, sondern auch die folgenden Jahrzehnte, mit dem Zwang zu wirtschaftlicher Tätigkeit bei der Verwaltung der Familiengüter, mit dem Beginn der literarischen Tätigkeit in den 1930er Jahren, den Ereignissen im dem Deutschen Reich angegliederten Österreich unter NS-Herrschaft, die NSDAP-Mitgliedschaft Wilhelm Bodmershofs schon in der Zeit der Illegalität, was er später zu verbergen suchte, die letzten Kämpfe des Zweiten Weltkriegs und schließlich der Einmarsch der Roten Armee nach Österreich mit allen Folgen.
Es folgt dann in der neuerlich errichteten Republik ein Aufstieg der Schriftstellerin, die hohe staatliche Preise erhält, verschiedenen Romane schreibt und dann aber vor allem auch durch ihre Haiku-Gedichte bekannt wird, bis nach Japan übrigens, wo sie sogar übersetzt werden. 1948 war sie mit dieser Kunstform in Berührung gekommen und war gebannt durch „diese fernöstliche Kunst der Andeutung und des Weglassens alles Unwesentlichen“ (S. 293). …
Die lesenswerte Studie konzentriert sich auf die Biographie Imma Bodmershofs und ihre Beziehung zur Zeitgeschichte, während das Werk der Schriftstellerin nur am Rande eine Rolle spielt, da die Romane und Gedichte zwar erwähnt werden, auch ihre Rezeption in der Literaturkritik der Zeit berücksichtigt, aber keine genauere Interpretation oder literarische Würdigung vorgenommen wird. Das wäre Aufgabe einer Werkbiographie, über deren etwaige Berechtigung der Rezensent sich kein Urteil erlauben darf. Aber das zu erkunden, mag dann den Lesern dieses Buches überlassen werden, welches das Verdienst hat, eine Lücke zu füllen.
Till Kinzel
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Leipziger Zeitung, 25.07.2021
Es wird – auch wenn es um Geschichte geht – viel zu wenig über Elite nachgedacht. Wer gehört dazu? Wie denkt diese Elite? Welche Folgen hat das für die Politik? Man muss sich ja nur in den Medien umschauen: Wir stellen uns heute genauso blind wie vor 100 Jahren. So gesehen geht es in dieser Biographie gar nicht um Hitler. Sondern um die Eliten Österreichs und Deutschlands. Und ihr apokalyptisches Denken. […] Eliten definierten sich durch Besitz, Macht und Wirkmächtigkeit, durch Standesdenken und extremen Konservatismus. Denn natürlich haben sie etwas zu verlieren – sogar eine Menge mehr als die Dienstboten und Putzhilfen, die sie beschäftigen.
Was hat das jetzt mit der Schriftstellerin Imma von Bodmershof zu tun, Tochter des Philosophen, Hochschuldozenten und Gutsbesitzers Christian von Ehrenfels? Mit Hitler selbst hatte sie eigentlich nichts zu tun. Und die meisten Leser/-innen von heute werden nicht einmal etwas mit ihrem Namen anfangen können, obwohl sie mal berühmt war, viel gelesen und mit österreichischen Staatspreisen ausgezeichnet wurde. Und bestimmt stehen ihre Bücher auch noch in mancher Bibliothek und in diversen Archiven. Bücher, die zumindest das Etikett Heimatliteratur verdienen, nicht nur, weil das Waldviertel, in dem die Ehrenfels ihre Güter hatten, eine wesentliche Rolle darin spielt, sondern auch, weil die handelnden Figuren aus ihrer Erdverbundenheit ihre Kraft gewinnen. Verständlich also, wenn sich spätere Leser/-innen schwer tun damit, obwohl die Romane zu Lebzeiten der Autorin begeistertes Echo hervorriefen und für Peter Suhrkamp regelrecht ein Lichtblick waren für sein Verlagsprogramm in den 1940er-Jahren. Denn die Verlage spürten es alle, was für ein massiver Verlust die Vertreibung der besten und kritischsten Autorinnen und Autoren aus Deutschland und Österreich war.
Aber genau hier wird das Leben und Schreiben Imma von Bodmersdorf interessant, wird das Unausgesprochene spürbar, das auch heute noch unsere Gesellschaft durchwabert. Das Autoren wie Martin Heidegger nach wie vor zu einem akzeptierten Teil des deutschen Philosophenkosmos machen. Mit Heidegger pflegte Imma sogar einen ausführlichen Briefwechsel. Und wahrscheinlich könnten wir heute auch ganz anders darüber denken, hätte es nicht die beiden Katastrophen gegeben, die die vom Untergang regelrecht faszinierten Eliten Deutschlands und Österreichs ausgelöst haben – eng verquickt mit ihrem fatalen Auserwähltheitsdenken. Das lässt sich beides nicht trennen. Genauso wenig wie man den geradezu hymnischen Stil daraus wegdenken kann, mit dem selbst noch die banalste Aussage überhöht wurde. […]
Wobei man Imma Bodmershof durchaus zugestehen kann, dass sie sich mit den Rissen der Zeit auf ihre Weise beschäftigte – zuletzt in ihrem Spanienroman „Ibarras Bartabnahme“. Das Thema muss sie durchaus beschäftigt haben: Wie kommt es dazu, dass man selbst mit dem Willen, Gutes zu tun, auf der falschen Seite der Front landen kann? …