Beschreibung
Kalaizis: Nun, ich habe vor nicht allzu langer Zeit ein erstes Mal eine Figur der Zeitgeschichte, Papst Benedikt XVI., gemalt und habe dabei große Bedenken gehabt. Nun werden Sie sicher fragen warum, und ich sage Ihnen: Die größte Schwierigkeit bestand darin, meine Meinung über diesen Papst soweit auszuklammern, dass weder eine vordergründige Papsthuldigung, noch Papstkritik entsteht. Daran lässt sich erkennen, dass ich kein Interesse habe, als Dekorateur oder Karikaturist meines politischen Denkens zu fungieren. Zum einen hat es damit zu tun, dass ich selbst beim Betrachten von Bildern nicht agitiert werden möchte, und zum anderen mit meinen Bildern keine Beihilfe zur Agitation leisten möchte. Diese Haltung entspricht auch ganz meinem Denken, da ich Überzeugungen ablehne. Vielmehr möchte ich als Maler einen Möglichkeitsraum erschaffen, in dem verschiedenste Interpretationen möglich sein können. Und das ist das Schwierigste. Alle Bildprojekte müssen subtilerer Natur sein, denn sie sollen nicht nur den Moment, sondern auch mich überdauern.
Campbell: Das heißt, dass die Bilder mehr über die Form gelenkt werden.
Kalaizis: Genau. Denn gerade die Geschichte der Kunst zeigt uns doch, dass sie nicht von neuen Ideen bestimmt wird, sondern von neuen Formwendungen.
Campbell: Wie halten wir es dann mit der Aussage eines Kunstwerkes?
Kalaizis: Ein Bild liefert – wie gesagt – lediglich Bildinformationen, die sich durch die Augen des Betrachters zu einer Aussage formieren können. Die Aussage wird aber nicht vom Maler getroffen, sondern vom Betrachter selbst. Diese Aussagen ändern sich von Zeit zu Zeit und sind von Betrachter zu Betrachter verschieden. Darum bewundern wir auch die Bilder El Grecos oder Riberas, weil sie uns ständig herausfordern. Hätten aber die erwähnten Maler ihre Form nicht gefunden, würden wir uns nicht mit ihnen beschäftigen – so einfach ist das.
2013, 144 Seiten, Festeinband, 221 Farbabbildungen, davon 40 Detailaufnahmen, 29 x 37 cm;
ISBN: 978-3-938533-49-9